Die Stoa und die Bedeutung der stoischen Philosophie für die abendländischen Geschichte und Kultur

Man kennt heute die Bezeichnung „stoische Ruhe“ , „stoische Gelassenheit“ oder manch einer wird als „Stoiker“ bezeichnet.
Man meint damit zumeist einen gleichmütigen und duldsamen Menschen oder einfach jemanden mit einem dicken Fell, der Gefühle und innere Regungen nicht zeigt.
Doch hinter diesen Begriffen verbirgt sich noch viel mehr.

Allgemeines zur STOA

Der Begriff STOA ist hergeleitet von einem öffentlichen Gebäude, das auf einem Marktplatz im Athen des Altertums stand. Dieses wurde als „STOA POIKILE“ – bunte Säulenhalle bezeichnet. Dort gründete Zenon aus Kition (kition – ein Ort auf Zypern) seine philisophische Schule, die ihren Namen also von dem Bauwerk verliehen bekam, in welchem Zenon sich mit seinen Schülern traf.
Zenon der Stoiker, wie er auch genannt wird, stammte aus der Peripherie des griechischen Raumes und war vermutlich griechisch-orientalischer Abstammung. Soweit bekannt, führte Zenon ein bewegtes Leben als Kaufmann, bis er nach Athen kam. Er soll zuvor mit seinem Handelsschiff Schiffbruch erlitten haben, wobei er sein Hab und Gut verlor. Laut Überlieferung erklärte Zenon später, dieser Verlust sei das Beste gewesen, was ihm in seinem Leben widerfuhr.
Zenon lebte zwischen 340 u. 260 v. Christus (anderen Angaben folgend wahrscheinlich 333 – 264 v. Chr.).

Büste: Zenon von Kition, griechischer Philosoph
Bild: Pixabay. Zenon von Kition, Begründer der stoischen Philosophie in Athen

Die Stoische Lehre wird in drei wesentliche Phasen im Altertum eingeteilt:

  • Die ältere Stoa, von Zenons Gründung der Schule in Athen
    etwa ab 300 v. Chr.
  • Die mittlere Stoa oder mittlere Schule, die eine vergleichsweise kurze Epoche darstellt. Sie wird repräsentiert von Panaitios von Rhodos, der die Schule von 129 – 109 v. Chr. leitete und vermutlich das letzte offizielle Oberhaupt der Schule in Athen war und des Weiteren Poseidonios von Apameia, der von 135 – 51 v. Chr. lebte (Apameia ist eine Stadt im späteren Syrien).
  • Die jüngere Stoa oder jüngere Schule, wurde nun von Römern repräsentiert. Zu Anfang stehen für diese Epoche Marcus Tullius Cicero und Cato der Jüngere sowie dann der berühmte Schriftsteller, Philosoph, Staatsethiker und Beamte Lucius Annaeus Seneca, geboren zu Beginn unserer Zeitrechung in Cordoba.
    Das Ende der stoischen Lehre im Altertum wird markiert
    durch den Römischen Kaiser Marcus Aurelius (121 – 180).
Büste von Marcus Aurelius, römischer Kaiser im 2. Jahrhundert
Bild: Pixabay. Der Römische Kaiser Marcus Aurelius

Die römische Zeit der stoischen Philosophie kann man weiter in zwei wesentliche Epochen unterteilen: die republikanische und die kaiserzeitliche. Wobei die Stoiker Cicero und Cato der Jüngere eine wesentliche Rolle bei dem Kampf für den Erhalt der Republik und gegen die Alleinherrschaft von Gaius Julius Caesar spielen (etwa 45 v. Chr.). Sie bleiben dabei allerdings erfolglos.

Hinzu kommt der Neustoizismus. So wird heute die stoische Lehre in Mitteleuropa seit der Renaissance bezeichnet. Mit dieser modernen Ausformung erlangt der Stoizismus in vielfältiger Weise eine große Bedeutung in der Neuzeit.

Der Beginn: Das 4. Jahrhundert vor Christus – eine Zeit des Umbruchs in Griechenland

Athen schüttelte um 370 v. Chr. die Herrschaft von Sparta ab und erlebte anschließend eine wirtschaftliche Blüte, bis die Stadt mit ihren Bundesgenossen schon ab 338 v. Chr. zunehmend unter den Einfluss von Makedonien geriet und schließlich die Demokratie einbüßte und zunehmend unter die fremde Herrschaft fiel. Athen wurde später, 86 v. Chr., von den Römern erobert und erlebte unter Kaiser Hadrian eine neue Blüte.
Diese Zeit des Wechsels, der Unbeständigkeit und Unsicherheit forderte neuartige philosophische Gedanken durch eine Reflexion der nachhaltig gewandelten äußeren Situation. Außerdem fanden Einflüsse aus anderen Kulturkreisen ihren Weg in die Gedankenwelt der griechischen Philosophie.

Es entstanden zu dieser Zeit drei neue bedeutende Schulen und Lehren: die Stoische, die Epikureische und der Skeptizismus. Sie wiesen Parallelen auf und ähnelten sich in ihren Fragestellungen und ihrer Zielsetzung, doch die Antworten auf die Fragen der Zeit und der konstruktive Ansatz unterschieden sich teils deutlich.

Die Epikureer sind benannt nach dem Athener Epikur, dem Begründer ihrer Anschauung. Bei den Epikureern gehen der Ethik ebenfalls die Physik und die Logik als Grundlage voraus. Epikur vertritt die Ansicht, die Götter seien von geringer Bedeutung und er leugnet eine Interaktion zwischen Göttern und Menschen. Er verbannt quasi die Götter in seiner Anschauung aus dem Leben der Menschen und lehrt eine Trennung der Sphären und eine auf die Wissenschaft gestützte Einsicht.
Was die Ethik und die Einstellung zur Politik betrifft, sieht er einen Rückzug aus dem politischen Geschehen als erstrebenswert und eine Hinwendung zum Privaten und zur Geselligkeit, Genuss und die Sinnesfreude als Ziel sowie das Erreichen von Glückseligkeit durch eine gezügelte Hinwendung zu Sinnesfreuden.

Die Skeptiker gehen als „die Zweifler“ einen anderen Weg. Sie haderten mit fast allen bestehenden philosophischen Richtungen und bezweifelten gar, dass man überhaupt Wissen erlangen könne beziehungsweise die Wahrheit zu erkennen in der Lage sein kann.
Aber auch ihr Ziel ist es, über die Naturwissenschaft, die Logik und die Erkenntnistheorie zu einem Gleichmut und einer heiteren, unerschütterlichen Seelenverfassung zu gelangen.
In der mittleren Periode (3. u. 2. Jahrhundert v. Chr.) ihres Bestehens war die platonische Akademie der Hauptsitz der Skepsis.

Grundlegende Charakteristik und Herkunft des Stoizismus

Als Grundlage für die Entstehung des Stoizismus gilt die kynische Lehre (Ursprung der heute genutzten Begriffe „Zyniker“ beziehungsweise „Zynismus“). Die Kyniker gelten als einer von mehreren sich herausbildenden Zweigen der Sokratiker und werden von verschiedenen exzentrischen Persönlichkeiten weitergetragen. Von einer philosophischen „Schule“ in dem Sinne, wie es zu dieser Zeit in Griechenland üblich war, kann man nicht ausgehen.
Extreme Bescheidenheit, Bedürfnislosigkeit und Enthaltsamkeit sind Merkmale der Ethik und Lebensführung der Kyniker. Alles ist einfach und dadurch derb, auch die wenig geschliffenen, schmucklosen Reden der Kyniker. Da sie keinen Beruf ausüben, haben die Kyniker keinen Besitz und legen auch keinen Wert darauf. Auch viele andere Werte, Wertvorstellungen lehnen sie als bedeutungslos ab. Das Sein und der (wirkliche) Reichtum eines Menschen bemessen sich an seinem Geist, Wissen und Weisheit.

In Athen hatte Zenon zunächst einen engen Kontakt zu dem Kyniker Krates (ein ähnlicher Sonderling wie Diogenes in der Tonne – Zeitgenosse von Aristoteles und Alexander dem Großen). Über die kynische Lehre hinaus studierte Zenon weitere Philosophen und gründete darauf seine eigene Schule in der Stoa. Diese hatte Nähe zur kynischen Lehre, aber die Extreme der kynischen Lebenshaltung wurden gewissermaßen geglättet. Es finden sich auch Elemente von Heraklit darin. Heraklit der Dunkle, der im Alter als Einsiedler in den Bergen gelebt haben soll, war dem Logos und den Gesetzmäßigkeiten auf der Spur und gilt als ein Entwickler des dialektischen Denkens – Dialektik: Kunst der Beweisführung. Was die Logik betrifft, bauten die Stoiker auf den Grundlagen von Aristoteles auf.

Zenons Lehre bot für eine breitere Masse an Menschen eine Lebensorientierung, ein Programm. Das obere Ziel ist hier die Ethik als ein Lebensleitfaden. Der Weg dorthin führte über die Physik (Naturwissenschaft, Lehre vom Stofflichen) und die Logik als Lehre der Rhetorik (monologisch), des dialektischen Redens (dialogisch), Argumentierens und scharfsinnigen Denkens und die Perfektionierung hierin (durch Vernunft).

Auch die Stoiker gehen davon aus, dass der Geist bei der Geburt des Menschen eine „tabula rasa“ ist, also ein leeres, unbeschriebenes Blatt, wie wir heute sagen würden.

Die Physik der Stoiker kennt nur Körperliches unterschiedlicher Beschaffenheit und ist materialistisch. Die Vorstellung des Urfeuers, das als Gesetzlichkeit dem Weltganzen innewohnt, ist ebenfalls an Heraklit angelehnt. Eine von innen wirkende Kraft als Teil des Stofflichen wird mit unterschiedlichen Bezeichnungen benannt – Logos, Nous, Seele, Notwendigkeit, Vorsehung – kann aber auch als göttlich oder sogar Gott (Zeus) bezeichnet werden. Das göttliche Prinzip oder die göttliche Vernunft durchdringen den Kosmos.
Die Lehre ist zutiefst pantheistisch. (->Aller Stoff (Hyle) ist durch göttliche Vernunft (Logos) beseelt.)

Der Kern der Ethik:
Der Mensch wird betont als Vernunftwesen bezeichnet. Die Vernunft und die Möglichkeit des Erkennens von göttlichen Gesetzmäßigkeiten und der bewussten Sammlung von Erfahrungen sowie deren Auswertung (empirische Sichtweise) ist eine Grundlage dieser Ethik.
Ferner existieren in der stoischen Lehre die Kausalketten, die alles Geschehen miteinander Verbinden, alles gehört zusammen, nichts vom menschlichen Handeln bleibt davon ausgenommen.
Das Schicksal des Einzelnen ist an die Kausalketten gebunden und die Vorsehung sollte man nicht abzuwenden versuchen.

Die stoische Ethik als Lebensführung

Der Mensch als Vernunftwesen sollte seiner Natur entsprechend und vernunftgemäß leben. Darin besteht die zentrale Tugend, die auch Glückseligkeit verheißt.
Die entgegengesetzte Schlechtigkeit besteht in einem nicht-vernunftgemäßen Leben, wider die menschliche Natur, und es ist damit untugendhaft.

Dinge, die für die meisten Menschen einen Wert darstellen, gelten dem Stoiker nichts: Gesundheit, Wohlstand, Besitz, Anerkennung oder Krankheit, Armut, Unehre, Knechtschaft, Alter und Tod – diese Zustände und Umstände sind für den Stoiker bedeutungslos und neutral.

Nun gilt es für den Stoiker zu erkennen, was naturgemäß und tugendhaft, was schlecht oder gleichgültig ist. Die Affekte – Triebe und Leidenschaften – behindern uns daran, dies zu erkennen oder dann demgemäß zu leben. Die Affekte beirren die Vernunft, verstellen uns den Blick für das Richtige und Wesentliche, gaukeln uns Schlechtes oder Gleichgültiges als gut oder wichtig vor und lassen uns dem Falschen nachstreben.

Also gilt der fortwährende Kampf den Affekten. Sind diese bezwungen und überwunden, haben wir das Ziel, die Tugendhaftigkeit, erreicht. Ist die Seele dann von Leidenschaften frei, erreicht der Stoiker den Zustand der Leidenschaftslosigkeit – die apatheia (Apathie). Diese verschafft dem Menschen dann Freiheit, denn er ist weise und erkennt das Richtige und das Falsche und kann demgemäß handeln.

Apathie (nicht zu verwechseln mit Teilnahmslosigkeit und gleichgültiger Passivität), Autarkie (Selbstgenügsamkeit) und Ataraxie (Unerschütterlichkeit) waren die Ziele, die der Stoiker zu erreichen trachtete.

Bis hier erkennt man die Verwandtschaft mit der kynischen Ethik. Jetzt geht aber die Stoa, besonders die jüngere, unter römischen Einfluss stehende, weiter und betrachtet den Menschen in die Gesellschaft eingeordnet. Die Wertung der Dinge wird neu unterschieden und teils anders bewertet.
Ehe, Familie und Staat erhalten nun einen gewissen Wert und finden nun vor dem Stoiker eine Rechtfertigung – begründet aufgrund von Notwenigkeit.

Die kynische Lehre und auch teils die frühe stoische Lehre, waren im Grunde egoistisch und auf die eigene Person bezogen (und nach heutiger Betrachtung auch in Teilen wider die Natur des Menschen, vielleicht hatte man einen gewissen Widerspruch auch damals bald ähnlich erkannt …?).
Aber eine kosmopolitische Orientierung und die Nicht-Berücksichtigung von Standesgrenzen waren schon der ursprünglichen Stoa zueigen.

Die Stoiker erheben nun im Gegensatz zu den Kynikern soziale Forderungen: Gerechtigkeit und Menschenliebe. Damit legen sie im Altertum den Grundstein für die Gedanken des Humanismus. Dabei kennen sie keine Standes- oder Landesgrenzen; sie schließen Freie und Sklaven ein. Dieses neue Bewusstsein hatte wahrscheinlich zusätzlichen Anschub bekommen durch den Kontakt zu dem umfassenden römischen Staatsgebilde. Das Römische Reich schloss durch Expansion andere Völker – zwangsweise durch Kolonisierung – mit ein und machte diese teilweise zu römischen Staatsbürgern. Man kann eine Wechselwirkung vermuten zwischen dem römischen Geist und Selbstverständnis und andererseits der stoischen Auffassung. Die stoische Lehre gewann wiederum später auf die römische Politik und Gesetzgebung Einfluss.
Römische Grundwerte, wie die Würde der Persönlichkeit (für Staatsbürger), unbedingte Pflichterfüllung und Diszipliniertheit entsprechen der stoischen Lehre. Beides ergänzte einander und ist bald untrennbar miteinander verbunden.

Bedeutende Personen der Stoa

Neben dem Gründer Zenon, gehörten auch Kleanthes und Chrysippos der alten Schule an.
Panaitios und Poseidonis gehörten der mittleren Schule an. Mit ihnen endete vermutlich die Kontinuität der attischen Schule (Ära in Athen) nach etwa 200 Jahren.

Panaitios modifizierte die stoische Lehre und ebnete ihr, neben dem Römer CICERO, den Weg in die römische Welt (über den politischen Kontakt zu Scipian Aemilianus). Durch Milderung der strengen Affektenbeherrschung – Vernunftsteuerung, statt strikte Triebunterdrückung und weitere Formung und Verfeinerungen, hin zu einer individuellen Unterscheidung der Pflichten nach Art und Umfang, wurde die Lehre damit akzeptabler für die römische Oberschicht.

Posaidonis gilt als einer der letzten bedeutenden griechischen Forschungsreisenden und Universalgelehrten nach Aristoteles. Er baute die Lockerungen und Verfeinerungen der stoischen Lehre weiter aus. Poseidonios, der in Athen Schüler des Panaitios war, gründete schließlich auf Rhodos seine eigene Philosophieschule, wo auch Cicero ihn aufsuchte, um seinen Vorlesungen zu folgen. Und Cicero sorgte wiederum mit seinem Werk „De officiis“ dafür, dass die Pflichtenlehre des Panaitios überliefert wurde.

Marcus Tullius Cicero, war ein bekannter römischer Redner, Jurist, bedeutender Staatsmann, Schriftsteller und Philosoph. Geboren wurde Cicero 106 v. Chr. in Arpinum; er starb 43 v. Chr. bei Formiae. Er war berühmt, als er ab 63 v. Chr. das Konsulat bekleidete. Cicero verteidigte die Republik entschieden gegen Verschwörungen und Korruption und erhielt wenigstens eine hohe Auszeichnung. Cicero war als Redner und stilistisch als Verfasser von Büchern und Briefen herausragend und eine Berühmtheit. Er stand auf der Seite der Republikaner gegen die Machtansprüche Cäsars. Nach Caesars Ermordung, 44 v. Chr., flüchtete Cicero, weil er fürchten musste, dass er in Verdacht gerät, mit der Verschwörung gegen Caesar in Verbindung gebracht zu werden. Auf der Flucht wurde er getötet.
Cicero übersetzte die Werke griechischer Philosophen in die lateinische Sprache und machte somit diese den Römern zugänglich. Mit den Stoikern befasste er sich intensiv und verfasste Bücher über deren Lehren so „Paradoxa Stoicorum“. In seinen Schriften bezog er sich in provokanter Weise auch auf Cato den Jüngeren.

Cato der Jüngere (CATO Uticensis) war ein römischer Soldat, Staatsmann, Jurist und Philosoph und bekannter Anhänger der stoischen Lehre. Er lebte von 95 bis 45 v. Chr. und war Widersacher von Caesar. Cato versuchte im Bürgerkrieg vergeblich mit Anhängern zu verhindern, dass Caesar die Republik beseitigt und als Alleinherrscher die Macht im Reich an sich reißt. Cato war bekannt für sein Eintreten für Tugendhatigkeit, Standhaftigkeit, Ehre und vor allem Unbestechlichkeit. Er starb in Nord-Afrika nach der Niederlage gegen die Armee Caesars durch die eigene Hand. Er gilt, wie Cicero, bis heute als Vorbild. Mehr über Cato findet man hier (auf Deutsch).

Bedeutenden Wandel und Fortentwicklung erfuhr die Stoa in der dritten Periode, im römischen Reich. Die ethische Lehre war hier besonders im Interesse. Entwickelt wurde sie unter anderem durch Lucius Annaeus Seneca, den ehemaligen Sklaven Epiktetos (etwa 50 bis 130) und durch Kaiser Marcus Aurelius (121 bis 180).

Die Stoiker unterlagen je nach Herrscher wechselnder Akzeptanz oder Ablehnung. Seneca hatte in seinem Leben diese Wechsel zu spüren bekommen. Er musste zwischenzeitlich acht Jahre in Verbannung auf Korsika leben (ab 41). Zuvor arbeitete er als Beamter. Als Agrippina die Jüngere ihn als Erzieher und Lehrer für ihren 12jährigen Sohn Nero haben wollte, wurde Seneca zurückgeholt.
Obgleich Seneca sich in dieser Aufgabe viel Mühe gab, den künftigen Herrscher von der stoischen Lehre zu überzeugen, ihm die Werte Milde und Güte nahelegte und für ihn eine umfangreiche Denkschrift verfasste, ließ sich Nero nicht davon vereinnahmen.

Von 54 bis 62 blieb Seneca am kaiserlichen Hof und hatte eine einflussreiche Stellung. Er verfasste noch zahlreiche, viel gelesene Schriften.
Als im Jahr 65 eine Verschwörung gegen Kaiser Nero aufgedeckt wurde, geriet Seneca in Verdacht der Beteiligung und wurde verurteil, sich das Leben zu nehmen.

„Der letzte Lebenstag, vor dem dir so graut, ist der Geburtstag der Ewigkeit. Wirf alle Last von dir! Wozu das Zögern? Hast du nicht einst auch den Leib verlassen, der dich der Welt verbarg und das Licht des Tages erblickt? Du zögerst und willst nicht? Auch damals hat dich die Mutter unter schweren Leiden ans Licht gebracht. Du seufzest und weinst? Das tun auch die Neugeborenen.“

Von der Verfolgung durch Nero waren auch andere Stoiker betroffen, wenigstns einer wurde hingerichtet, Musonius wurde auf eine Ägäis-Insel verbannt, dort hatte er viele Zuhörer und Anhänger, auch der ehemalige Sklave Epiktet gehörte dazu. Er gründete später eine Schule in Nikopolis.
Er befasste sich mit dem Thema Freiheit, dachte aber nicht an die Abschaffung der Sklaverei. Er wand sich eher der strikten alten Stoa zu, entwickelte noch Gedanken zu der Unabänderlichkeit und der Beeinflussbarkeit von Umständen des Lebens.

Wieder Stoiker am kaiserlichen Hof in Rom

Das Blatt für die Stoiker am Kaiserpalast wendete sich wieder zum Guten, und Epiktet genoss Ansehen bei Kaiser Hadrian. Kaiser Hadrian veranlasste, dass sein Nachfolger, Antoninus, den jungen Marcus Aurelius adoptierte und ihm eine gute Erziehung zuteilwerden ließ.
Der römische Kaiser Marcus Aurelius wurde geboren im Jahr 121, wurde 161 Kaiser und starb im März 180 in Vindobona, dem heutigen Wien, an der Pest.
Marcus Aurelius hatte noch als junger Thronanwärter die Gelegenheit, in Rom einen Vortrag des griechischen Stoikers Apollonius zu hören. Marcus Aurelius, der schon in seiner Erziehung die Grundsätze des Stoizismus erfuhr, nahm die Inhalte auf und blieb sein Leben lang der stoischen Lehre treu. Er setze sie konsequent in seiner persönlichen Lebensführung wie auch als Staatsmann und Feldherr um. Seine Zeit als Kaiser war für das Römische Reich von großen Unruhen, Aufständen, Kriegen, einer Tiber-Überschwemmung und Krankheitsepidemien gekennzeichnet.

Er sieht seine Aufgabe als vom Schicksal gegeben und trachtet, sie bestmöglich zu erfüllen und seiner Verpflichtung nachzukommen. Er sah sich im Dienste am Staate und am Gemeinwesen. Überheblichkeit, Selbstüberschätzung und das Streben nach persönlichem Vorteil oder Reichtum sind Untugenden, denen er nie verfällt. Er lebt einfach und oft mit den Soldaten im Feld.

Kaiser Marc Aurel zeigt den Stoischen Ethos des Gemeinschaftssinnes deutlich in den folgenden Zeilen, in denen er sich selbst ermahnt:
Arbeite! Aber nicht wie ein Unglücklicher oder wie einer, der bewundert oder bemitleidet werden will. Arbeite oder ruhe, wie es das Beste für die Gemeinschaft ist.

Die egoistische Selbstverleugnung der Kyniker ist hier einer Aufopferung und Hingabe an die Gemeinschaft gewichen. Im fortgeschrittenen Alter verfasste er selbst bedeutende stoische Schriften. Kaiser Aurelius gilt als letzter schöpferischer Vertreter der Stoa.

Die Stoische Lehre nach Mark Aurel – das Christentum

Nach Marcus Aurelius verliert eine eigenständige stoische Lehre an Bedeutung, aber sie wirkt fort in der Verschmelzung mit dem aufkommenden Christentum – eine Religion in ihren Ursprüngen und eine philosophische Lehre, die füreinander geschaffen sind.

Es bestehen Parallelen, die eine Verbindung herausfordern:

  • Der stoische Ethos, der die Liebe und die Achtung der Menschen untereinander fordert, unabhängig von Stand und Volkszugehörigkeit, entspricht der christlichen Lehre.
  • Die Stoiker sehen das Weltganze durch eine höhere Wesenheit beseelt, eine personifizierende Kraft. Damit kommen sie einer monotheistischen Religion entgegen.
  • Sie fordern eine strenge und einfache, an Sitte, Moral und Geringschätzung materieller Güter gebundene Lebensführung. Im Neuen Testament und den vermittelten Idealen findet man eine Entsprechung.
  • Die polare Unterscheidung zwischen Gut und Schlecht, tugendhaftem Handeln und falschem Handeln entsprechen stoischen und christlichen Unterscheidungen.

Allerdings wurde dieser neue christliche Glaube aus der römischen Provinz in Rom zunächst nicht gerne gesehen, weder von Marcus Aurelius noch von anderen Stoikern. Marcus Aurelius bekämpfte die frühen Christen; die Stoiker wollten die bestehende Religionsordnung und Kultur nicht einbüßen.
Marcus Aurelius starb; die Stoiker vermochten die Entwicklung nicht aufzuhalten, und sie verloren an Bedeutung. Das Christentum erstarkte gegen verschiedene Widerstände und trotz anfänglicher, brutaler Verfolgung und nahm die stoische Lehren auf. Senecas Schriften erfreuten die frühen Christen.

Der Stoizismus in der Neuzeit

Erst in der Renaissance feierte die Stoa eine Wiederauferstehung in der Form des Neustoizismus. Der bedeutende Universalgelehrte Desiderius Erasmus von Rotterdam (geboren etwa 1467 in Rotterdam und gestorben 1536 in Basel) veröffentlichte eine Ausgabe von Senecas Schriften.

Diese finden auch bei den Reformern Luther (1) und Zwingli (2) Anklang und beeinflussen somit sicherlich die Entwicklung der protestantischen Lehre, deren Theologie dem Christentum später zu einem „reformerischen Schritt zurück“ verhilft. Erasmus schließt sich selbst nie der lutherischen Bewegung an und befindet sich stattdessen in einem theologischen Streit mit Luther.

In der philosophischen Auseinandersetzung von Erasmus mit der Stoa finden die Reformer die Strenge, Einfachheit und Diszipliniertheit des frühen Christentums wieder, die das römisch-katholische, west-europäische Christentum lange schon eingebüßt hatte. Die römisch-katholische Kirche und das Papsttum hatten im Laufe der Jahrhunderte die Werte und Gebote der christlichen Lehre nicht nur missachtet, sondern nach der Auffassung vieler gelehrter Christen verraten und verkehrt. Mit der Wiederentdeckung der alten Philosophie der Stoa in der Renaissance fanden reformorientierte und kritische Denker und Gelehrte unter den christlichen Theologen zu den Ursprüngen ihres Glaubens und Inspiration.

Während der Phase der Reformation zog so der Einfluss der Stoa auch in den Calvinismus und Puritanismus und weitere reformatorische christliche Strömungen ein. Folgt man Max Weber (in „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ , von 1904) fand die stoische Lehre sogar Eingang über die Calvinistische Arbeitsethik und die allgemeine Protestantische Ethik und Pflichtenlehre in die Fundamente der mitteleuropäische Arbeits- und Wirtschaftsmentalität. (3)

Über einen ganz anderen Weg hat der Stoizismus ebenfalls bis in die Neuzeit überdauert. Viele europäische Philosophen nach der Renaissance ließen sich von Seneca inspirieren. Der erste, der eine neustoizistische Bewegung in Gang setzte, war der Flame Justus Lipsius (1547 bis 1606). Er war bemüht nachzuweisen, dass das Christentum und Stoizismus miteinander vereinbar sind.

Auch Michel de Montaigne (1533 bis 1592) beruft sich auf Plutarch und Seneca, später knüpfen René Descartes (1596 bis 1650) und Philipp Melanchthon (1497 bis 1560) an. Melanchthon war reformerischer Theologe und enger Vertrauter und Mitstreiter Martin Luthers.

Weiter fand der Stoizismus Eingang in das Schaffen des in seiner Zeit vielfach geschmähten Baruch Spinoza (4). Spinozas Schriften wiederum übten Faszination aus auf die deutschen Dichter Lessing, Herder und Kant; auch Goethe, Schiller und Heinrich von Kleist wurden durch Spinoza und andere stoizistisch beeinflusste Denker inspiriert.

Die europäische Aufklärung, die wesentlichen Antrieb in Frankreich erhielt, war mit ihrer Betonung der Vernunft und den Naturlehren im Grunde angeleitet von stoischem Denken, wenngleich sie sich tendenziell in eine andere Richtung des Denkens und Handelns entwickelte. Auch wendeten sich Denker dieser Zeit einem pantheistische Weltbild zu, so etwa deutlich erkennbar in den Werken von Johann Wolfgang von Goethe.

Die jüngere deutsche Geschichte und die Stoa

Besonders in Deutschland hat die stoische Ethik von einer weiteren Seite her eine Wirkung entfaltet. Der preußische Staat des 18. und 19. Jahrhunderts mit seinem Wertefundament aus Tugend, Treue- und Disziplinkodex und Genügsamkeit trägt deutliche Züge des stoischen Denkens und das nicht zufällig: Friedrich der II. von Preußen, mit dem Beinamen „der Große“ (der sich selbst als „der oberste Diener des Staates“ sah), nahm sich die Stoiker zum Vorbild. Friedrich II. (geboren 1712, gestorben 1786) bezeichnete sich selbst als stoischen Philosophen und gab die entsprechenden Ideale weiter an seine Nachfolger und an die Offiziersanwärter, die Seneca, Epiktet und Cicero zu lesen hatten.

Schon der Vater Friedrich des Großen, der als „Soldatenkönig“ bezeichnete Friedrich Wilhelm (1688 bis 1740, König ab 1713), war – auch aus eigenem Antrieb – dem einfachen, anspruchslosen und genügsamen Leben und Diszipliniertheit seit seiner Kindheit zugetan. Er war ein außergewöhnlicher und schwieriger Mensch, der sich selbst aber auch anderen Selbstdisziplin und Härte abverlangte.

Im Alter von 10 Jahren, als Kronprinz, bekam Friedrich Wilhelm sein erstes eigenes Landgut und Jagdschloss, König Wusterhausen in Brandenburg (südlich von Berlin), von seinem Vater geschenkt. Das heruntergekommene Anwesen ließ er herrichten und ordentlich bewirtschaften. Er schlief dort später in einer einfachen Kammer auf einer Pritsche. Mahlzeiten wurden schlicht und häufig im Freien abgehalten, zum Leidwesen der Familie und Bediensteten.

Prunk, Pracht und Pomp lagen ihm fern. Aufwändiges Hofzeremoniell wurde unter ihm abgeschafft, und einen großen Hofstaat gab es nicht. Sparsamkeit, Pragmatismus und zweckmäßiger Umgang mit den verfügbaren Mitteln waren für den preußischen König Friedrich Wilhelm I. oberstes Gebot. Er übernahm von seinem Vater einen verschuldeten und in Kriege verwickelten Staat in desolatem Zustand. Preußen wurde unter Friedrich Wilhelm I. ein schuldenfreier Staat mit Guthaben, starkem Militär, reger Bautätigkeit und Entwicklung auf vielen Gebieten. Bildung genoss einen hohen Stellenwert. Arbeit und Fleiß waren seiner Auffassung nach für einen Monarchen selbstverständlich, und er galt als der fleißigste Herrscher in Europa. Der Soldatenkönig begann keinen neuen Krieg. Die einzige kriegerische Auseinandersetzung war 1714 der erfolgreiche Pommernfeldzug, gemeinsam mit Verbündeten, gegen Schweden. Dabei handelte es sich quasi um eine Fortführung des Großen Nordischen Krieges, der schon zur Regentschaft seines Vaters lief.

Seinem Volk verlangte der König allerdings auch vieles ab; sein Sohn Friedrich hatte unter ihm häufig zu leiden. Weithin bekannt wurde die Toleranz in Preußen. Verfolgte Protestanten aus anderen europäischen Staaten fanden in Preußen Zuflucht, konnten sich ansiedeln und wurden in großer Zahl erfolgreich eingegliedert. Besonders die in Frankreich verfolgten Hugenotten fanden in Preußen Schutz und eine neue Heimat. Friedrich Wilhelm wurde von einem hugenottischen Lehrer unterrichtet und erhielt eine calvinistische Erziehung.

Seine Armee und militärische Ausrüstung waren der Stolz des Königs. Seine seit der Kindheit bestehende Achtung für das Militärische und die Liebe zu den hervorragend ausgebildeten Soldaten hielten ihn davon ab, leichtfertig einen Krieg zu führen. Durch seine Kriegsscheu und das schlichte, prunklose höfische Leben in Preußen war der König gewissermaßen ein Außenseiter unter den europäischen Herrschern und Adeligen. Die neustoischen Schriften aus den Niederlanden fielen bei ihm schon auf fruchtbaren Boden.

Sein Sohn, Friedrich der Große, nahm diese Philosophie dann für sich voll und ganz an und entwickelte die stoischen Ideale für sich und seinen Staat weiter. Religiöse und für die damalige Zeit relative weltanschauliche Toleranz wurden unter ihm in Preuße weiter kultiviert. Von Friedrich dem Großen soll der Ausspruch stammen „Ein jeder soll nach seiner Fasson seelig werden.“ Unter ihm wurde in Preußen die Folter als Verhörmethode abgeschafft.

Über den Einfluss, den Preußen im weiteren Verlauf der Geschichte auf die gesamtdeutsche Entwicklung ausübte, hatte die stoische Philosophie maßgeblichen, indirekte Wirkung auf Deutschland, die Staatsorganisation und die Mentalität im Kaiserreich und wirkte so auf Deutschland bis ins 20 Jahrhundert.

Neben dem Stoizismus erlangt auch die Aufklärung am Preußischen Hof Ansehen, was auf die Regentschaft Friedrich des Großen Einfluss ausübt. In Kürze wird dies in dem Beitrag über Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung, Teil 1 erläutert. (4)

Ebenso übte die stoische Philosophie auf dem einen oder anderen Wege einen Einfluss aus auf Herrscher, die Bildung, das Denken und das geistige Schaffen in anderen Staaten. Besonders in Frankreich im Zuge der Aufklärung und die Schriften der Humanisten finden stoische Gedanken ihren Weg. Auch in den Niederlanden, wie oben erwähnt, entfalten sie ihre Wirkung.

Welche Bedeutung haben stoisches Denken und die Werte der Stoiker heute noch?

Man kann sicherlich behaupten, dass die Philosophie der Stoa eine der einflussreichsten und wirkmächtigsten Denkrichtungen, Lebensleitlinien und Lehren für die europäische Entwicklung hervorbrachte.

Auch heute noch kann der Stoizismus für uns moderne Menschen hilfreich und richtungsweisend sein. Es ist auffallend, wie viele Internet-Seiten, YouTube-Kanäle und verschiedenartige Ratgeber in zahlreichen Sprachen direkt Bezug auf die stoische Philosophie nehmen. Zahlreiche erklären, mit dem modernisierten Stoizismus Antworten auf die Fragen unserer Zeit und einen Rahmen für moderne Lebensführung zu geben.

In der Tat suchen sehr viele Menschen rund um die Welt in den Zeiten von Industrie, Stadtleben, Informationstechnik und Digitalisierung, Konsumismus, Globalisierung und undurchdringlicher Weltpolitik nach Leitlinien im Leben. Vielen geht heute, da auch in einigen Kulturkreisen Religionen an Bedeutung verlieren, die Gesellschaft und Politik unüberschaubar werden die Orientierung für das eigene Leben verloren. Auf der Suche treffen Menschen auf die Stoa und deren Denker und können in der heutigen Welt daher die Leitlinien erkennen, die hilfreich und universell zugleich sind.

Es werden auch in den westlichen und (bisher) wohlhabenden Ländern die Suche nach Einfachheit und Bescheidenheit kultiviert. Manche kommen aus dem Überdenken des Überflusses her und dem Wunsch, Verschwendung zu vermeiden auf die Fragen von Vereinfachung (Simplifizierung). Andere geraten aus der Notwendigkeit zu einer schlichten Lebensführung, weil durch wirtschaftliche Bedingungen – Geldentwertung und Preissteigerung, knappem Wohnraum und anderes – gespart und vereinfacht werden muss. Man kann diesen Fragen und Zwängen allerdings auch mit konstruktiver Weisheit und philosophischer Betrachtung begegnen, eine gedankliche Systematik zur Grundlage wählen. Hierbei bietet das stoische Denken und Fühlen auch für moderne Menschen einen Rahmen.

Fußnoten:

  1. Martin Luther. Deutschland, geboren 10. November 1483 in Eisleben und gestorben 18. Februar 1546; deutscher Augustinermönch und Theologieprofessor; bekanntester „Kirchenreformator“ und Begründer der Lutherisch-Protestantischen Kirche. Durch seine Übersetzung der BIBEL in die deutsche Sprache schuf er als erster ein vereinheitlichtes Deutsch und legte damit die Grundlage für das moderne Hochdeutsch. Die allgemein gebräuchliche Bezeichnung Martin Luthers als Reformator ist im Grunde irreführend, weil er nicht die bestehende römische Kirche zu reformieren vermochte, sondern selbst schließlich das verursachte, was er zu verhindern trachtete: Er stieß die Kirchenspaltung an und wurde Begründer einer neuen christlichen Konfession. Das wurde später die Ursache für furchtbare Religionskriege und rief lange währende, grausame politische und religiöse Auseinandersetzungen in Europa hervor. Dies traf mit dem 30-jährigen Krieg Deutschland besonders heftig.
  2. Huldrych Zwingli. Schweiz, auch Huldreich; sein Geburtsname lautete Ulrich Zwingli. Geboren 1. Januar 1484, gestorben am 11. Oktober 1531. Zwingli war ein Schweizer Gelehrter, Theologe und der erste bedeutender Reformator der Schweiz. Er lernte, studierte und wirkte seit seiner Kindheit und Jugend in Weesen (Kanton St. Gallen), Basel (1494), Bern, Wien; ab 1506 war er Pfarrer in Glarus. Er war ausgesprochen Fromm und eifrig in seinen Ämtern. In den folgenden Jahren tat er sich im Streit mit der Kirche als Reformator hervor und scheute auch Disputationen nicht, als ihm Ketzerei vorgeworfen wurde. In den 1520er Jahren übersetzte er, fast zeitgleich mit Luther, in Zusammenarbeit mit anderen Reformatoren die BIBEL in die schweizer Kanzleisprache. Dazu nutzte er auch Teile der Luther-Übersetzung zeitweise als Arbeitsgrundlage. Das Ergebnis war die „Zürcher Bibel“. Wie in Deutschland bei der Luther-Bibel, half auch in der Schweiz der Buchdruck bei der raschen Verbreitung der in die Landessprache übersetzten Bibel. Martin Luther und Ulrich Zwingli lagen bezüglich der Ansichten zur religiösen und gesellschaftlichen, politischen Ordnung im Streit. 1529 lud der Landgraf Philipp von Hessen Zwingli und Luther nach Marburg an der Lahn zu einem Streitgespräch, wobei Luther seine strikte Ablehnung von Zwinglis Thesen heftig unterstrich. Zwingli nahm an einer Schlacht als Soldat im Felde teil und wurde von katholischen Gegnern bei Kappel am Albis gefangen genommen und getötet. Ihm folgten die bekannten schweizer Reformatoren Heinrich Bullinger, der formal als Gründer der eidgenössischen reformierten Kirche angesehen wird und der französisch-schweizerische Johannes Calvin (Jean Calvin, geboren als Jehan (Jean) Cauvin). Weiteres unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Huldrych_Zwingli
  3. Max Weber Deutschland, geboren 1864 in Erfurt, studierte Jura, Geschichte, Nationalökonomie und Philosophie in Heidelberg, Berlin und Göttingen. 1889 promovierte er über die Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter; 1891 Habilitationsschrift über Römische Agrargeschichte. Ab 1894 Ordinarius für Nationalökonomie in Freiburg und Heidelberg (ab 1897). Weber war Mitherausgeber des Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik und Redakteur des Grundriß der Sozialökonomik. Er lieferte als Verfasser umfassende Beiträge zur Methodologie der Sozialwissenschaften, zur Politik des deutschen Kaiserreichs, zu Wirtschaft, Politiktheorie, Religion, Recht und Kunst in universalgeschichtlicher Perspektive. Nach langer krankheitsbedingter Unterbrechung wurde er ein Jahr vor seinem Tode schließlich Professor für Gesellschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie in München. Er starb 1920 in München.
  4. Der Geist der Aufklärung war im Königshaus Preußens angesehen. Dies hatte eine persönliche Vorgeschichte:
    König Friedrich II., der Große, pflegte mit dem französischen Philosophen Francois Marie Arouet Voltaire von 1736 bis zu dessen Tode, 1778, einen wechselvollen Austausch, geprägt von zeitweiliger gegenseitiger Verehrung, Inspiration aber auch zwischenzeitlicher Enttäuschung und Abneigung. Voltaire weilte zu längeren Aufenthalten am Hofe des preußischen Königs. So fanden aufklärerische Gedanken und die Ideale des Humanismus Einzug in deutsches Gebiet, lange vor der Französischen Revolution und Napoleon Bonaparte mit dessen, der Revolution folgenden zerstörerischen französischen Kriegszügen durch Europa, in deren Folge paradoxerweise diese Ideale mit Waffen, Barbarei und Zerstörung gewaltsam Verbreitung fanden.